Aphyllophorales News - Holzpilze - Porlinge - Rindenpilze

Dieser Blog stellt einige verbreitete, vorwiegend aber wenig bekannte und zum Teil seltene "Nichtblätterpilze" vor, die an Holz wachsen, und das in Wort und Bild. Die meisten Funde sind aus dem Großraum Frankfurt aber auch aus den Mittelgebirgen oder anderen Teilen der BRD.

My Photo
Name:
Location: Dribbdebach-Schwaanem, Südhessen

Tuesday, June 17, 2008

Steccherinum bourdotii - Rundsporiger Resupinatstacheling

Nr. 62 – Fund aus dem Rhein-Maingebiet
Nicht gerade häufige, aber in geeigneten Biotopen verbreitete, wenig bekannte und meist übersehene Art. Fast ausschließlich an Laubholz. Dieser kleine, unscheinbare effus-reflex bis resupinat wachsende Stachelrindenpilz kann - wenn hutbildend - von weitem leicht für ein Stereum gehalten werden. Schaut man sich die orangefarbende Unterseite etwas genauer mit der Lupe an, fallen schnell die kleinen, dünnen Stacheln auf, welche das Hymenophor bilden, und man ist geneigt, den Fund als das häufige St. ochraceum, also den „Ockerrötlichen Resupinatstacheling“ zu bezeichnen. Man sollte etwas genauer hinsehen, denn die feinen Stacheln sind meist kräftiger und dunkler gefärbt als bei dem helleren St. ochraceum und darüber hinaus deutlich länger. Entgegen den Literaturangaben finde ich ihre Farbe eher rosabräunlich und nicht orange.
Die pfriemlichen, z.T. leicht plattigen Stacheln von St. bourdotii können bis zu 4 mm lang werden, und damit fast 3 x so lang wie bei St. ochraceum. Jeglichen Zweifel beseitigt die Kontrolle der Sporen, welche ei- bis rundförmig sind und bis zu 5 µ lang und 4 µ breit werden können. Die Sporen von St. ochraceum sind dagegen schmalelliptisch und messen 3 – 4 x 1,8 - 2,5 µ. Wie alle Arten der Gattung Steccherinum besitzt auch diese stark inkrustierten, dickwandigen Pseudozysten welche bogig aus den Stacheln herauswachsen.
Wir fanden die Art bereits Anfang der 90er Jahre südlich des Mains an Erle und anderen Laubhölzern, immer entlang der Bachläufe und in den Auenwäldern. Auch im Rhein-Neckar-Raum gilt sie als verbreitet (mündl. Mitteilung U. Sauter).
Diesen kleinen Stachelrindenpilz nach der Literatur korrekt zu bestimmen ist gar nicht einfach, da es in dieser Gruppe eine Fülle von nomenklatorischen Wirren und Falschinterpretationen gibt. Die Art wurde früher als St. robustinus, dann als St. dichroum sensu Bourd. & Galz. bezeichnet. Hermann Jahn (s. Pilze die an Holz wachsen – Nr. 74) kannte sie gut, hielt sie aber, der Auffassung von Maas-Geesteranus folgend, identisch mit der amerikanischen St. laeticolor (Berk. & Curt.) Banker, was aber nicht korrekt ist, da diese in Europa vermutlich gar nicht vorkommt. Was im Jülich (Kryptogamenflora II b/1) ebenfalls fälschlicherweise als St. laeticolor bezeichnet wird, ist nichts anderes als St. bourdotii. Bei den „Corticiaceae of North Europe Vol. 7“ von J. Erikkson fehlt die Art oder wurde mit St. robustinus vermengt.
Eine ausführliche, interessante Studie zu der Gruppe und ihren Wirrungen veröffentlichte Dr. Helga Große-Brauckmann 1986 in der Z.f.M – 52 (2). Sie nennt sie mangels korrektem, gültigem Namen noch S. dichroum sensu Bourd. & Galzin. In der Cryptogamie/ Sekt. Mycologie von 1988 beschreiben Saliba & David sie dann endgültig unter dem aktuell gültigen Namen St. bourdotii.
Wer eine aktuelle und korrekte Übersicht incl. Schlüssel zu der Gattung sucht, ist derzeit bei der Großpilzflora Baden-Württembergs Band 1 am besten aufgehoben, wobei die dortige Abbildung nicht sehr typisch ist. Ein schöneres Foto findet man in der Datenbank von http://www.pilzbestimmung.de/ .
Erwähnt werden sollte, dass St. robustinus - von Krieglsteiner mit St. bourdotii synonymisiert - von Saliba & David weiterhin als selbständige Art geführt wird.
Dies wird die Bestimmung von entsprechenden Kollektionen zukünftiger nicht einfacher machen.
Den von Bollmann, Gminder und Reil (Abbildungsverzeichnis europäischer Großpilze) gewählten deutschen Namen „Kleinsporiger Resupinatstacheling“ halte ich im Übrigen für wenig glücklich, da die Sporen von St. bourdotii größer sind, als die der meisten, restlichen Arten der Gattung.
Die abgebildeten Fruchtkörper wurden im Juni 2008 im Schwanheimer Wald bei Frankfurt an einem morschen Kirschbaumstamm fotografiert.